Die Rufe nach strengeren Umgang mit CO2-Ausstoß werden immer lauter. Bücher werden geschrieben. Politiker fordern lauter, mehr, wilder, radikaler. Dem aktuellen („jetzt“ ist November 2018) Weltklimabericht zufolge lässt sich die globale Erwärmung nur mit radikalsten Maßnahmen noch aufhalten.
Und gleichzeitig wächst die Skepsis. Ist der Aktionismus in Deutschland sinnvoll? Die Mega-Treibhausgas-Nationen China, USA und Indien produzieren zusammen etwa die Hälfte aller Treibhausgase1 – und sie haben keinen politischen Willen, zu bremsen.
Zugegeben, Deutschland steht in den Top 10 der CO2-Produzenten2. Auch wenn wir alle durch kollektives Luftanhalten die Treibhausgasemissionen aus Deutschland auf null senken steht nicht zu erwarten, dass das (alleine) das Weltklima signifikant beeinflusst.
Dabei hat Deutschland schon viel erreicht: Das Maximum seines CO2-Ausstoßes hat Deutschland schon 1979 überschritten und stand 2011 noch bei 68% vom Maximum3. Im gleichen Zeitraum ist die Wirtschaft fast kontinuierlich gewachsen, und auch die Bevölkerung (Vergleich Bundesrepublik + DDR mit Bundesrepublik heute) hat sich verändert4.
Das Gedankenexperiment „Der Carbo“
Hier kommt „Der Carbo“ ins Spiel.
Viele sprechen davon, dass der Ausstoß von Treibhausgasen bepreist werden sollte. Doch wenn eine Tonne CO2-Äquivalent beispielsweise 42€ kostet – was macht das mit unserer Wirtschaft? For allem, wenn die Wirtschaftssysteme unserer Nachbarstaaten sich einer solchen Maßnahme nicht anschließen? Ist es wirklich sinnvoll, wenn eine Tonne CO2-Äquivalent im Sommer weniger kostet als im Winter?
Der Klimaschutzplan der Bundesregierung5 differenziert nach Sektoren: Energiewirtschaft, Gebäude, Verkehr, Industrie, Landwirtschaft und so weiter.
Doch was bedeutet das für den einzelnen Bürger? Am Ende ist jeder Bürger Kunde jedes Sektors und bekommt es ab.
Gibt es zu dieser Darstellung eine Alternative?
Wie wäre es damit: Wir stellen eine zweite, komplementäre Währung neben den Euro: Den CARBO. Der Carbo folgt anderen Regeln als der Euro:
- Der Carbo entspricht immer dem tatsächlich emmittierten oder absorbiertem CO2.
- Jeder, der in Deutschland lebt, erhält das gleiche „Budget“ an Carbo, das dem Klimaziel entspricht.
- Wer etwas kauft, muss nicht nur den Preis in Euro bezahlen (der sich aus Angebot und Nachfrage ergibt), sondern zusätzlich auch den Preis in Carbo, der ihm auf sein Budget angerechnet wird.
Das bedeutet unter anderem: Menschen haben / verdienen vielleicht unterschiedlich viele Euros, aber alle haben / verdienen gleich viele Carbos. Das könnte ziemlich interessant werden: Heute ist es so, dass sich oft der Einsatz von Maschinen lohnt weil Maschinen billiger sind als Menschen. In einer Carbo-Welt könnte das in vielen Bereichen kippen: Die Maschinen sind zwar billiger als Menschen nach Euros, aber teurer nach Carbos.
Ein anderes Beispiel: Wer ein Treibhausgas-intensives Auto fährt, muss beim Tanken mehr Carbos abdrücken. Wer seine CO2-Schleuder verkauft, muss allerdings nicht nur den Anschaffungspreis in Euro stemmen sondern auch den in Carbo.
Davon erhoffe ich mir neue Ideen rund um die Frage: Wann lohnt es sich, eine CO2-Schleuder durch einen Neuwagen zu ersetzen?
Weitere Ideen, z.B. zum Umgang mit Import und Export, oder ob es erlaubt ist, Carbos sozusagen als Kredit aufzunehmen (oder ein Guthaben aufzubauen) sind genau die Themen, die mich interessieren.
Wichtig dabei ist: Der Carbo ist ein Gedankenexperiment. Niemand würde auf die Idee kommen, für die Zwillingsexperimente der Relativitästheorie Zwillinge ins All zu schicken oder für Schrödingers Katze eine Katze zu töten. Ich bin mir ziemlich sicher dass eine tatsächliche Einführung eines „Carbo“ nach diesem Muster mehr Schaden als Nutzen anrichten würde. Wie das Zwillingsexperiment oder Schrödingers Katze ist der Carbo dazu da, Sachverhalte zu illustrieren und Erkenntnis zu gewinnen.
Dazu gehört auch, dass einige der Informationen oben in der vorliegenden Form und Ungenauigkeit gut genug sind für den Zweck des aktuellen Artikels: Die Idee des Carbo vorzustellen und zu motivieren. Allerdings erfüllen diese Daten bisher noch nicht meinen Anspruch an Genauigkeit und Aktualität, das wird in späteren Artikeln nachgeholt.
Über mich
Ich bin pragmatischer Umweltschützer. Damit meine ich: Ich suche nach den Stellen, an denen Klimaschutz eine echte Wirkung entfaltet. Ich halte wenig von Aussagen wie „aber man muss es doch wenigstens versuchen“, aber viel von wissenschaftlichen Methoden wie der Arbeit des Weltklimarates oder des Club of Rome. Ich habe auch eine Meinung zu anderen Umweltschutzthemen, doch die tut hier bis auf Weiteres nichts zur Sache.
Ein Beispiel: Die Proteste im Sommer 2018 im Hambacher Forst haben meiner Einschätzung nach mit echtem Klimaschutz nichts zu tun. Der Hambacher Forst ist viel zu klein, um Kalender-Jahre für seinen Schutz zu investieren, während andernorts Urwälder von der Fläche eines Bundeslandes gerodet wird. Der Hambacher Forst war eine symbolische Schlacht – und den Tod eines Menschen nicht wert.
Die Webseite und den Server auf dem die Webseite läuft bezahle ich aus eigener Tasche, und die Inhalte hier stelle ich nach bestem Wissen und Gewissen zusammen.
Ich betreibe das alles hier als Hobby (das kann sich ändern, dann wird hier informiert) und werde von niemandem bezahlt oder angewiesen. (Das ist der Vorteil davon, unbekannt zu sein: Bisher kommt auch niemand auf die Idee, mich beeinflussen zu wollen.) Möglicherweise wird die Seite irgendwann durch Werbung finanziert, möglicherweise werden die Inhalte irgendwann in ein Buch gegossen. Vielleicht verschwindet die Seite aber auch so schnell wieder, wie sie entstanden ist – auch Zeit ist eine knappe Ressource.
Last but not least: Ich bin Physiker und agiler Projektirgendwas. Das bedeutet: Als Wissenschaftler habe ich einen einen hohen Anspruch an Genauigkeit und Nachvollziehbarkeit, und diesen Anspruch möchte ich hier gerne ausleben. Gleichzeitig weiß ich aus der agilen Welt, dass gute Information besser ist als keine Information6 und werde im Zweifelsfall mit den besten verfügbaren Informationen voranschreiten anstatt mich in Detail-Recherchen zu verlieren. Solche Fälle werden entsprechend gekennzeichnet, wie beispielsweise die Verweise auf Daten von 2011 oben. In vernünftigem Rahmen wird die präzisere Recherche nachgeholt.
Last but not least: Dein Beitrag
Ich wünsche mir, dass der Carbo auch von Nutzerfeedback lebt. Welche Hypothesen trägst Du mit, welche nicht? Welches Szenario interessiert Dich? Wovon möchtest Du mehr, wovon weniger?
In früheren Blogs war mir die Moderation von Kommentaren zu viel Arbeit, darum habe ich die Kommentare abgeschaltet. Das ist hier anders. Bitte nutz die Gelegenheit und mach mit.
- Wikipedia – Liste der größten Kohlenstoffdioxidemittenten – 49,4% im Jahr – Stand 2011 ↵
- a.a.O. – Deutschland auf Platz 6 – Stand 2011, doch gleichzeitig ist der Beitrag Deutschlands am Welt-CO2-Ausstoß nur zwischen 2% und 3%[1. a.a.O. – Deutschland: 2,4% – Stand 2011 ↵
- a.a.O. ↵
- Der genaue Einfluss dieser Daten ist noch zu recherchieren ↵
- Klimaschutzplan der Bundesregierung, PDF, 92 Seiten ↵
- Ausnahmen bestätigen die Regel ↵